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Ist es richtig, dass Konzerne wie Ubisoft die größten Schecks im Rahmen der Games-Förderung bekommen? Ja – sagt Ubisoft.
Was sich denn hinter dem Codenamen ‚Project Placeholder‘ verberge, wollte der Wirtschaftsminister bei der Übergabe des überdimensionalen Schecks wissen. Dürfe er noch nicht verraten, entgegnete Ubisoft-Blue-Byte-Chef Benedikt Grindel. Na gut, dann wünsche er dennoch viel Erfolg bei der Umsetzung – von „was auch immer“.
Die kurze Zeremonie bildete den Abschluss des Gamescom-Rundgangs von Robert Habeck am Donnerstagvormittag, der am Messestand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in Halle 4.1 endete. An allen vorangegangenen Stationen, bei Hintergrundgesprächen und auf offener Bühne während der Eröffnungsveranstaltung am Vortag wurde dem Vizekanzler eingebläut, welche gravierenden Folgen der seit Mai geltende und schlimmstenfalls bis Anfang 2025 anhaltende Fördergelder-Annahme-Stopp für deutsche Spiele-Studios habe.
Gerade noch Glück gehabt hat die Ubisoft Blue Byte GmbH, die rechtzeitig vor der Förder-Vollbremsung einen Antrag eingereicht hat und nun exakt 5.697.585 € erhält. Es handelt sich um die höchste Summe, die das Ministerium bislang bewilligt hat.
Die drei Ubisoft-Studios in Düsseldorf, Mainz und Berlin arbeiten an Marken wie Rainbow Six, Avatar oder Far Cry und beschäftigen 750 Angestellte – so viele wie kein anderer Spiele-Entwickler in Deutschland. Die staatlichen Zuschüsse für den deutschen Ableger des französischen Publishers summieren sich mittlerweile auf mehr als 8 Mio. €, mit denen neben Anno 1800-Erweiterungen auch eine Konsolenversion entstanden ist.
Und auch wenn Grindel vielsagend schweigt, so spricht doch viel dafür, dass derzeit ein neues Aufbau-Strategiespiel der Anno-Serie bei Ubisoft in der Mache ist. Zum Ende der Laufzeit im Jahr 2025 läge die Veröffentlichung von Anno 1800 sechs lange Jahre zurück. Aus dem Betrag errechnet sich ein Gesamtbudget jenseits von 20 Millionen € – das schaffen nicht viele Games made in Germany.
Die Meldung hat erwartbar Kritik und Fragen getriggert:Hat Ubisoft diese Subventionen überhaupt nötig? Und wäre es nicht viel besser, wenn statt eines milliardenschweren Großkonzerns 10, 20, 30 Indie-Studios profitieren würden, die ja ein ganz anderes, nämlich existenzielles Finanzierungs-Thema haben?
Ein Blick in die staatliche Datenbank zeigt, dass neben großen, internationalen Publishern auch Hunderte von Startups und Ein-Mann-/Frau-Studios bedacht werden: In Summe hat der Staat bislang 200 Mio. € für mehr als 550 Projekte zugesagt – die Bandbreite reicht vom Skat-Simulator bis zum Endzeit-Shooter. Parallel zum Ubisoft-Scheck überreichte Habeck weitere Bescheide – unter anderem 368.543 € an das Hamburger Studio Barrel Roll Games (Witch It) und 75.000 € an die erst im April gegründete Lootzifr GmbH aus Berlin.
„Wir brauchen diese Mischung“, betont Ubisoft-Manager Grindel im Nachgang an die symbolische Scheckübergabe. Wenn der Standort im internationalen Vergleich vorankommen soll, sei ein stabiles Ökosystem vonnöten – und dazu gehören eben auch große Projekte, an denen Dutzende, wenn nicht Hunderte von Arbeitsplätzen hängen.
Und er stellt von sich aus die Frage:„Hätten wir das Spiel trotzdem gemacht – ohne Förderung?“. Um gleich die Antwort zu geben: „Ja, möglicherweise. Aber eben nicht in dieser Form. Oder nicht mit diesem Umfang. Oder nicht so detailliert.“ Als Beispiel nennt er die PlayStation-5- und Xbox-Version von Anno 1800, bei der es sich um ein „Risikoprojekt“ gehandelt habe. Schließlich habe es bei Ubisoft Mainz bis dahin keine Erfahrung mit dem Bau von Next-Gen-Konsolen-Games gegeben. Jetzt schon.
Im Haushalts-Entwurf des BMWK für 2024 sind derzeit 48,7 Mio. € für die Computerspiele-Förderung vorgesehen, die aber schon komplett verplant sind. Der Branchenverband fordert deshalb 125 Mio. € – „als Überbrückung“, wie es Grindel nennt. Denn bis die derzeit diskutierten, aber noch lange nicht ausformulierten Steuerrabatte (‚Tax Credits‘) Gesetzeskraft erlangen, wird es noch dauern – „Wenn’s richtig gut läuft: 2025. Vielleicht auch erst 2026.“
Deshalb werden derzeit Minister, Abgeordnete und Fraktionen auf allen Ebenen ‚bearbeitet‘, damit bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen und explizit bei der entscheidenden Bereinigungssitzung im November nichts schief geht.
Falls die Politik die Fördertöpfe bis Jahresende nicht aufstockt, würde Ubisoft das überleben, klar.Gleichzeitig sorgt sich Grindel um die vielen kleinen und mittelständischen Betriebe, für die diese Planungs-Unsicherheit an die Substanz ginge: „Das wäre eine Katastrophe“. Mit Blick auf seine eigenen Vorgesetzten gäbe es auf internationaler Ebene große Fragezeichen, wie ernst es die Bundesregierung tatsächlich meint, mittel- und langfristig in der Weltspitze mitspielen zu wollen. So steht es nämlich geschrieben in der Games-Strategie des Bundes, die Habeck von CSU-Minister Andreas Scheuer geerbt hat.
Besonders große Erwartungen knüpft Benedikt Grindel daher an den Gamescom-Besuch des Wirtschaftsministers: „Gut, dass er da war. Gut, dass er zugehört hat. Und gut, dass er aus erster Hand erfahren hat, wo der Schuh drückt.“ Keine Bedenken, dass den Worten keine Taten folgen? „Ich nehme ihm ab, dass er wirklich will.“
Und vielleicht wird sich bis Jahresende auch weisen, ob sich hinter ‚Project Placeholder‘ wirklich ein neues Anno verbirgt – oder halt „was auch immer“.
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Ist es richtig, dass Konzerne wie Ubisoft die größten Schecks im Rahmen der Games-Förderung bekommen? Ja – sagt Ubisoft.Gerade noch Glück gehabt hat die Ubisoft Blue Byte GmbHDie Meldung hat erwartbar Kritik und Fragen getriggert:Und er stellt von sich aus die Frage:Falls die Politik die Fördertöpfe bis Jahresende nicht aufstockt, würde Ubisoft das überleben, klar.